Im Paradies der alten Möbel

 

Möbelhaus einmal anders: Ein ganzes Haus – von den Existenzgründern in mühevoller Arbeit renoviert und liebevoll hergerichtet, steht in Siedenbollentin für die Möbelausstellung und den -verkauf zur Verfügung. FOTO: S. HAERTER
Möbelhaus einmal anders: Ein ganzes Haus – von den Existenzgründern in mühevoller Arbeit renoviert und liebevoll hergerichtet, steht in Siedenbollentin für die Möbelausstellung und den -verkauf zur Verfügung. FOTO: S. HAERTER

GRAPZOW/SIEDENBOLLENTIN. Wenn alte Möbel träumen könnten, würden sie sich vermutlich nach Siedenbollentin wünschen. Genauer gesagt, in die Lange Straße 34. Dorthin, wo Uwe Schefferski und Gregor Knak ihnen ein Biotop sondergleichen eingerichtet haben, das morgen um 15 Uhr seine Türen feierlich erstmals für das Publikum öffnet. Die Handwerker aus Grapzow haben sich 2010 selbstständig gemacht; sie eint ein ausgeprägtes Faible für alte Einrichtungsgegenstände zwischen Deckenlampe, Kleiderschrank und Chaiselongue und – was noch viel wichtiger ist – ein Händchen für dieselben.

Was sie in vielen Stunden mühevoller und restauratorischer Kleinarbeit vom oft ruinösen wieder in den Originalzustand gebracht haben, kann nun in der Ausstellung besichtigt und gekauft werden. „Unser erster Ausstellungsraum ist schnell zu klein geworden, deshalb freuen wir uns, dass wir die Möbel nun in Siedenbollentin in einer großen Dauerausstellung präsentieren können“, sagt Uwe Schefferski. Das nicht eben kleine Erdgeschoss des neu gestalteten ehemaligen Siedenbollentiner Kindergartens ist gefüllt mit restaurierten Möbeln aller Epochen. Nein, nicht gefüllt, vielmehr eingerichtet. Vom Gründerzeit-Sofa über die Anrichte, vom Spiegel über den Küchentisch bis zum barocken Kleiderschrank, von der Wiege bis zum Sekretär, vom Sessel bis zum Rauchtischchen findet man in jedem Zimmer ein anderes Ensemble. Von ihrer bewegten Geschichte er- zählen können die Möbel naturgemäß nicht, aber diese Rolle übernimmt nur allzu gern Uwe Schefferski. Der 50-Jährige und sein 33-jähriger Geschäftspartner Gregor Knak können zu jedem Möbelstück eine Geschichte liefern und auch zu der Epoche, in der es entstand.

 

Teamwork: Seit zwei Jahren arbeiten Uwe Schefferski und Gregor Knak gemeinsam.

Teamwork: Seit zwei Jahren arbeiten Uwe Schefferski und Gregor Knak gemeinsam.
Teamwork: Seit zwei Jahren arbeiten Uwe Schefferski und Gregor Knak gemeinsam.

Oft sind es auch mehrere Geschichten. Denn bevor die Antiquitäten in Siedenbollentin gelandet sind, haben sie nicht selten einen weiten Weg hinter sich. Und Anspruch der beiden Handwerker ist es, jedes Möbel nicht nur stilgerecht, sondern auch objektbezogen zu restaurieren. „Wir wollen es immer hundertprozentig haben“, unterstreichen die Experten. Und wenn das bedeutet, eine Tischoberfläche fünfmal zu schleifen und zu behandeln, bis sie beispielsweise im richtigen seidenmatten Ton glänzt, dann ist das eben so.

Wer einen Eindruck davon gewinnen will, sollte einen Blick in die Grapzower Werkstatt der Restauratoren werfen, die im ehemaligen Gasthof Wodrich zu finden ist, wo an der Fassade ein Stuhl quasi als „Markenzeichen“ der Tischlerei hängt. Ihre „Patienten“ finden die Handwerker überall, entweder als Auftragsarbeit, oder sie kaufen auf Möbelbörsen oder Trödelmärkten ein. Auch ein besonderer Stuhl hat jüngst so seinen Weg nach Grapzow gefunden. Zwischen 140 und 160 Jahre hat das Biedermeiermöbel bereits auf dem Buckel, doch es ist es noch vollständig erhalten, was ebenso selten wie erfreulich ist und eine Restaurierung erleichtert. „Nach 140 Jahren ist der Stuhl schon etwas durchgesessen“, sinniert Uwe Schefferski, während er den Aufbau des Sitzpolsters untersucht. Klar dürfte jedoch sein, dass es wohl so gut wie keinem Möbel der heutigen Wegwerfzeit vergönnt sein wird, jemals eine derartige biblische Zeitspanne zu (üb-)erleben. Geschweige denn, nach über hundert Jahren restauriert auf ein zweites Leben zu warten …

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